Unfälle können immer und überall geschehen, auch am Arbeitsplatz. Jeder Betrieb sollte gut darauf vorbereitet sein, kleine Verletzungen zu versorgen und bei größeren Vorfällen die Zeit bis zum Eintreffen des Krankenwagens zu überbrücken. Obwohl sich die meisten Unfälle im Zuge körperlicher Arbeit ereignen, benötigt auch jedes Büro eine entsprechende Ausstattung: Wir erläutern die gesetzlichen Vorschriften und geben Tipps für die betriebliche Praxis.
Erste-Hilfe-Kästen im Betrieb: nicht nur gesetzliche Notwendigkeit
Unternehmen müssen arbeitsplatznah Erste-Hilfe-Kästen bereitstellen, dies ist gesetzlich festgelegt. Doch diese Regelung kommt natürlich auch den Interessen des Arbeitgebers und der Angestellten entgegen, denn im Ernstfall hat eine schnelle Hilfe vor Ort bereits manches Leben gerettet – oder die betroffenen Personen zumindest vor Schlimmerem bewahrt.
Um festzustellen, welche Art und Menge von Erste-Hilfe-Material benötigt wird, ist ein genau festgelegtes Evaluierungsverfahren vonnöten, das sowohl die Anzahl der im Büro, in der Produktion oder auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmer mit einbezieht als auch die möglichen Gefährdungsarten. Das Ergebnis dieser Beurteilung ist sehr individuell, doch gibt es gewisse Ausstattungsobjekte, die überall vorhanden sein sollten.
Erste-Hilfe-Kästen müssen dort verwahrt werden, wo sie ganz leicht für alle erreichbar sind, also nicht in verschlossenen Schränken oder einer versteckten Kammer. Auch eine deutlich sichtbare Kennzeichnung ist wichtig, damit die Ausrüstung im Notfall schnell gefunden wird. Eine staubdichte Verpackung schützt die Erste-Hilfe-Ausrüstung vor Verschmutzungen, bei regelmäßig stattfindenden Kontrollen sollte altes Material noch vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums durch Neues ersetzt werden. So bleibt der Inhalt stets steril und gut nutzbar. Die ÖNORM Z 1020 kennt zwei Typen von anerkannten Erste-Hilfe-Kästen:
- Typ 1: Dieser Erste-Hilfe-Kasten gilt für Bereiche mit höchstens 5 Mitarbeitern, er besitzt ein Volumen von mindestens 5,5 Litern.
- Typ 2: Dieser Erste-Hilfe-Kasten gilt für Bereiche mit höchstens 20 Mitarbeitern, er besitzt ein Volumen von mindestens 12 Litern.
Dieser Mindestinhalt ist für den Erste-Hilfe-Kasten gefordert
Die ÖNORM Z 1020 regelt auch den Mindestinhalt der Verbandskästen, damit wirklich für alle Fälle von der Platzwunde über den Schock bis zur Verbrennung vorgesorgt ist. Zusätzliches Material stellt kein Problem dar, ganz im Gegenteil! Die offizielle Inhaltsangabe im Bereich Verbandzeug beinhaltet Dreieckstücher nach ÖNORM K 2122, nicht fasernde oder verklebende Saugkompressen beziehungsweise Wundauflagen, eine Haftpflasterspule, einzelne Pflasterstrips, ein Verbandtuch mit Mindestsaugkapazität von 100 g Wasser, Wundschnellverbände, Wundkissen, Momentverbände in mittel und groß, elastische Mullbinden in verschiedenen Größen, ein Fingerschnellverband, Fingerlinge und eine selbsthaftende Fixierbinde. Die meisten dieser Dinge sollten einzeln keimfrei verpackt sein.
Hinzu kommt einiges Nicht-Verbandmaterial wie eine Verbandschere, medizinische Einmalhandschuhe nach ÖNORM EN 455-1 und -2, eine aluminiumbedampfte Rettungsdecke, ein Einmalbeatmungsbehelf und eine Splitterpinzette. Und obwohl die Erste-Hilfe-Anleitung schon neben dem Erste-Hilfe-Kasten an der Wand hängt, gehört eine weitere Ausführung davon in die Box selbst, da sich diese schließlich auch vom Aufbewahrungsort entfernen lässt. Zumeist handelt es sich um das Merkblatt M 100 »Erste Hilfe«, herausgegeben vom Österreichischen Roten Kreuz, doch auch andere offiziell anerkannte Rettungsorganisationen bieten ähnliche Anleitungen an.
Gehört ein Desinfektionsmittel in den Erste-Hilfe-Kasten?
Die offizielle Materialliste für Verbandskästen enthält kein Desinfektionsmittel und das hat auch seinen Grund. Entsprechende Substanzen gehören zu den Medikamenten und gelten deshalb nicht als Erste-Hilfe-Material. Jeder Arzt führt ein Desinfektionsmittel mit sich und wird dieses anwenden, sobald dies bei seinem Eintreffen nötig erscheint. Das Bereithalten von entsprechenden Mitteln im Betrieb ist allerdings nicht verboten, darum sprechen wir hier von einer »Kann-Option«.
Vorgeschriebene Einrichtungen neben dem Erste-Hilfe-Kasten
Der Erste-Hilfe-Kasten allein genügt allerdings nicht, in direkter Nähe jedes einzelnen Kastens müssen bestimmte Informationen zugänglich sein:
- eine Liste der im Betrieb zur Verfügung stehenden Ersthelfer und Ersthelferinnen
- eine detaillierte Erste-Hilfe-Anleitung
- eine Auflistung der wichtigsten Notrufnummern und Unfallmeldestellen
Außerdem gehört ein leicht erreichbares Telefon zur Grundausstattung dazu, um im Fall der Fälle unverzüglich einen Notruf absetzen zu können. Es genügt nicht, sich darauf zu verlassen, dass ohnehin jeder Mitarbeiter ein Handy mit sich führt!
Rettungseinrichtungen bei besonderer Unfallgefahr und in großen Betrieben
Wird in einem Betrieb mit Maschinen gearbeitet oder steht der Transport von schweren Gegenständen auf der Tagesordnung, so sind vor Ort noch weitere Rettungseinrichtungen vonnöten. Dies gilt auch, wenn andere potentiell gefährliche Arbeiten durchgeführt werden; Details erfahren Sie bei Ihrer zuständigen Arbeiterkammer. Zu den besagten weiteren Rettungsreinrichtungen gehören hauptsächlich Transportmittel wie zum Beispiel Tragen, die leicht zugänglich aufbewahrt und gut gekennzeichnet werden müssen.
Alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern sind dazu verpflichtet, einen Sanitätsraum einzurichten. Bei besonderen Unfallgefahren genügt es schon, wenn ein Betrieb mehr als 100 Arbeitskräfte beschäftigt, um eine solchen Raum bereithalten zu müssen. Die Broschüre »Arbeitsstätten« der Arbeiterkammern informiert im Detail darüber, wie ein Sanitätsraum beschaffen und ausgestattet sein muss, um als gesetzeskonform und hilfreich zu gelten.
Erst-HelferInnen als wichtigste Stütze der betrieblichen Sicherheit
In jedem Unternehmen muss mindestens ein entsprechend ausgebildeter Erst-Helfer beschäftigt sein, dies gilt bereits, wenn nur eine einzige Person angestellt ist. Je größer ein Unternehmen wird, desto mehr Erst-Helfer benötigt es: Ausschlaggebend ist hier die Anzahl der »regelmäßig gleichzeitig beschäftigten« Personen. Während der für die jeweilige Firma üblichen Arbeitszeiten muss immer die gesetzlich festgelegte Mindestzahl an geschulten Erst-HelferInnen anwesend sein, das heißt, in Krankheitsphasen sollte es genügend Spielraum für Reserven geben.
Die Quote sieht in Werkstätten, auf Baustellen und in Lagerhallen wie folgt aus:
- Bei bis zu 19 Mitarbeitern muss stets ein Ersthelfer vor Ort sein.
- Bei bis zu 29 Mitarbeitern müssen stets zwei Ersthelfer vor Ort sein.
- Zehn weitere Mitarbeiter bedeuten auch immer einen Ersthelfer mehr.
Im Büro besteht eine geringere Unfallgefahr, hier werden weniger Ersthelfer benötigt:
- Bei bis zu 29 Mitarbeitern genügt ein Ersthelfer vor Ort.
- Bei bis zu 49 Mitarbeitern müssen zwei Ersthelfer in Reichweite sein.
- Zwanzig weitere Mitarbeiter bedeuten auch immer einen Ersthelfer mehr.
Wer ist ein Ersthelfer/ eine Ersthelferin?
In Kleinbetrieben mit weniger als 5 Mitarbeitern genügt es, wenn der Ersthelfer oder die Ersthelferin die für den Führerscheinerwerb vorgeschriebene Unterweisung in die allseits bekannten »lebensrettenden Sofortmaßnahmen« durchlaufen hat. Seit 2015 ist eine regelmäßige Auffrischung vorgeschrieben, entweder im Zweijahresintervall mit einem 4-stündigen Kurs oder im Vierjahresintervall mit einem 8-stündigen Kurs. Überschreitet die Firmengröße die 5 Mitarbeiter, so ist ein 16-stündiger Erste-Hilfe-Kurs vorgeschrieben, der den Anforderungen des Roten Kreuzes entspricht und alle vier Jahre mit einer achtstündigen Unterweisung aufgefrischt werden muss. Der betreffende Arbeitnehmer muss für diesen Kurs freigestellt werden, die Kosten trägt der Betrieb.