Rund um Immobilien gibt es immer wieder viele Streitigkeiten und das sehr komplexe Mietrechtsgesetz spiegelt diese oft traurige und bedrückende Realität wieder. Selbst manche Anwälte, sofern sie sich nicht auf diesen Rechtsraum spezialisiert haben, können sich in diesem Paragraphendschungel verirren, denn für das Mietrecht ist nicht nur das Mietrechtsgesetz (MRG) anzuwenden, sondern in manchen Fällen auch Auszüge aus dem ABGB, Steuerrecht oder WGG.
Die einzelnen Gesetzesstellen sind nicht einfach formuliert und es ist einiges an Erfahrung notwendig, um die Auslegungen richtig zu identifizieren. So viel Fachwissen kann ein einzelner Text hier nicht vermitteln, aber wir wollen in diesem Beitrag vor allem die Unterschiede für das Mietrecht entsprechend der privaten oder gewerblichen Nutzung herausstreichen. Bei der zweitgenannten Verwendung der Räumlichkeiten kann es nämlich schnell vorkommen, dass die komplexen Gesetze gar keine Anwendung finden.
Die Anwendung des MRG
Die Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes ist für private und gewerbliche Nutzung identisch geregelt. Bei der privaten Nutzung müssen zusätzlich jedoch noch Aspekte des Konsumentenschutzgesetzes bei der Vertragsausarbeitung beachtet werden. Wir wollen zuerst jedoch die allgemeine Anwendbarkeit kurz erläutern.
Diese gliedert sich in die Vollanwendung, Teilanwendung und Nichtanwendung. In die Vollanwendung fallen in erster Linie Gebäude, die mit einer Baubewilligung errichtet wurden, die vor dem 9. 5. 1945 ausgestellt wurde. Das Gebäude muss jedoch mehr als zwei Mietgegenstände aufweisen. Zusätzlich unterliegen auch alle staatlich geförderten Neubauten mit mehr als zwei Einheiten der Vollanwendung des MRG.
Keine Anwendung ist bei Einfamilienhäusern und Zweifamilienhäusern zu beachten. Zudem gibt es bestimmte, im weitesten Sinne gewerbliche Nutzungen, die ebenfalls eine Anwendung des Mietrechtsgesetzes ausschließen. Dazu zählt die Vermietung als Dienstwohnung oder im Zuge eines Hotelbetriebes. Die Nutzung als Ferienwohnung oder Heim disqualifiziert die Anwendung des MRG ebenso.
Die teilweise Anwendung des Mietrechtsgesetzes bezieht sich in erster Linie auf frei finanzierte Gebäude mit mehr als zwei Mietgegenständen und die nach dem Ende des zweiten Weltkriegs bzw. nach dem 30. 06. 1953 bewilligt wurden. Zusätzlich fallen noch Zubauten und Ausbauten, die grob in den letzten 15 Jahren (30. 9. 2006 bzw. 31. 12. 2001) bewilligt wurden, in die Teilanwendung. Hier bestehen aber praktisch keine Unterschiede zwischen privater und gewerblicher Nutzung und folglich sollten interessierte Leser hier selbst die Gesetzbücher konsultieren, wo die Teilanwendung wirklich genau zutrifft.
Was bedeutet die Mietrechtsgesetz Vollanwendung?
Eine Vollanwendung beeinflusst sehr viele Aspekte der Mietvereinbarung sowohl für die private als auch für die gewerbliche Nutzung. Der Mietzins muss bestimmten Richtwerten entsprechen, die Betriebskosten stellen sich aus vorgegebenen Bestandteilen zusammen und Kündigungsgründe bzw. Kündigungsfristen müssen eingehalten werden.
Bei der teilweisen Anwendung gelten die Vorschriften zum Mietzins und zu den Betriebskosten nicht, aber als wichtigster verbleibender Bestandteil gelten hier ebenso die Kündigungsschutzbestimmungen. Wenn eine Nichtanwendung des MRG vorliegt, so besteht weitgehende Vertragsfreiheit, sprich fast alle Aspekte können in Verträgen geregelt werden. Hierzu gibt es aber wie eingangs erwähnt ein paar Ausnahmen, die wir kurz betrachten werden.
Das ABGB, der Konsumentenschutz und mehr
Grundsätzlich sind die meisten Paragraphen des ABGB zum Mietrecht dispositiv und können folglich durch Verträge geändert bzw. beeinflusst werden. Dies gilt sowohl für die private, sowie auch für die gewerbliche Nutzung. Zwei Ausnahmen hier wären das vorzeitige Kündigungsrecht, wenn der Mieter durch das Mietobjekt einer gesundheitlichen Gefahr ausgesetzt ist und das Zinsminderungsrecht. Ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit mehrere Gesetzbücher bei der Beachtung des Mietrechts, wäre das Zinsminderungsrecht. Dieses wird im MRG gar nicht erwähnt, da sich eben das „Allgemein bürgerliche Gesetzbuch“ darum kümmert und es kann vertraglich nicht beeinflusst werden. Die Auswirkungen sind also zwingen und gelten ohne Anwendung des MRG ebenso.
Bei der gewerblichen Vermietung von Objekten kann jedoch das Konsumentenschutzgesetz (KschG) Vertragsbestandteile, die den Mieter benachteiligen, außer Kraft setzen. Das KschG beeinflusst das Mietrecht aber nur, wenn ein Unternehmer an eine Privatperson vermietet. Die Anwendung wird also von privater und gewerblicher Nutzung auf der Vermieter-Seite gesteuert, wenn eine gewerbliche Motivation hinter der Vermietung steckt. Auf der Mieterseite muss es sich um eine Privatperson und nicht um eine Firma handeln, die mietet, damit die Schutzbestimmungen für Konsumenten zutreffen.
Sollte ein Gebäude von Genossenschaften errichtet worden sein, dann muss zusätzlich noch das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) angewendet werden. Eine gemeinnützig gewerbliche Nutzung hat hier also einen kleinen Effekt. Weitere Unterschiede werden wir nun aufzählen.
Die Kündigungsfristen bei privater und gewerblicher Nutzung
Obwohl bei Voll- und Teilanwendung des MRG im privaten, wie im geschäftlichen Bereich Kündigungsschutz besteht, unterschieden sich die Fristen geringfügig. Privatpersonen müssen nur ein Monat vor dem Ausziehen, jeweils zum Monatsletzten, kündigen. Geschäftsräume unterliegen hingegen einer Frist von 3 Monaten und die Kündigung muss zum letzten Tag eines Kalenderquartals erfolgen. Eine Pacht kann nur am 30. 06. und 31. 12. mit halbjähriger Frist beendet werden.
Welche Umsatzsteuer gilt?
Wenn eine Immobilie Wohnzwecken dient, dann gilt der ermäßigte Steuersatz von 10 % auf den Mietzins und die Nebenkosten abgesehen von den Heizkosten. Wenn ein Mietobjekt jedoch geschäftlich genutzt wird, so besteht für den Vermieter die Wahl bei der Umsatzsteuer. Es kann die unechte Steuerbefreiung mit 0 % genutzt werden oder in manchen Fällen auf die freiwillige Steuerpflicht von 20 % umgeschwenkt werden. Darin liegt der Vorteil, dass der Vermieter sich den Vorsteuerabzug ebenfalls ermöglicht. Umsatzsteuer darf jedoch nur von Mietern verlangt werden, wenn der Geschäftsbetrieb in den Räumlichkeiten vorwiegend (95 %) steuerlastige Umsätze erwirtschaftet. Die Gesetzeslage für steuerlastige Umsätze gilt nur für Mietverhältnisse, die nach dem 01. 09. 2012 begründet wurden.
Kurz gesagt: für die private Nutzung gilt 10 % Umsatzsteuer und für die gewerbliche Nutzung entweder 0 % oder 20 %, sofern die Vorgaben dafür erfüllt sind.
Unterschied Miete und Pacht bei Immobilien
Diese zwei Begriffe deuten eine Unterscheidung zwischen privater und gewerblicher Nutzung an. Einen Pachtvertrag erkennt man in erster Linie durch die Bereitstellung der Betriebsmittel. Es werden also nicht nur die blanken Räumlichkeiten vermietet, sondern eben auch alles was zur Betriebsführung notwendig ist. Ein Pachtvertrag unterliegt nicht dem Mietrechtsgesetz und kann vorwiegend frei gestaltet werden. Ein Pachtvertrag zeigt fast ausnahmslos eine gewerbliche Nutzung an, während ein Mietvertrag sowohl für private als auch kommerzielle Verwendung eingesetzt werden kann.
Mischverhältnisse
In der Praxis entstehen durch die Änderungen in der Arbeitswelt immer häufiger Mischverhältnisse. So kann es vorkommen dass eine Wohnung der Bildung des Lebensmittelpunktes im privaten, wie auch im beruflichen Bereich dient. In diesen Fällen empfehlen Rechtsexperten das Abschließen von zwei Verträgen um volle Klarheit beizubehalten. Es geht vor allem darum das Ungleichgewicht der Kräfte zwischen privatem Mieter und Vermieter nicht zu verlieren, das bei einer gewerblichen Miete nicht vorhanden ist. Dabei besteht ein Kräfte-Gleichgewicht. Der reine Titel auf dem Mietvertrag sagt übrigens nichts über die Art der Nutzung aus. Diese wird einzig und allein durch den Vertragszweck festgelegt.
Grundsätzlich wird das Mietrechtsgesetz sehr ähnlich auf private und gewerbliche Nutzung angewendet, aber es kann festgehalten werden, dass die gewerbliche Nutzung viele Ausnahmen schaffen kann, wie Pacht oder Dienstwohnungen. Dadurch drückt sich auch das unterschiedliche Kräfteverhältnis von privater und gewerblicher Nutzung gegenüber dem Vermieter aus. Wenn das MRG keine Anwendung findet, muss der Vertrag umso genauer geprüft werden und das wird Gewerbetreibenden ausreichend zugemutet. Darin liegt der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Motivationen für eine Miete.
Quellen:
https://www.immobilienscout24.at/ratgeber/mietrecht-oesterreich.html
https://www.oesterreich.gv.at/themen/bauen_wohnen_und_umwelt/wohnen/3/3/Seite.210213.html
https://derstandard.at/2604231/Anwendungsbereich-des-Mietrechtsgesetzes